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Kontrolle des Managements – Der Beirat im deutschen Mittelstand

rw-admin | 11/04/2013

Schon häufig wurde der Ruf nach einer besseren Kontrolle des Managements laut, als sich die Vorfälle häuften, bei denen Unternehmen Missstände zu vertuschen versuchten oder bestimmte Tatsachen bewusst nicht offen gelegt wurden. Aus diesem Grund sind deutsche Aktiengesellschaften zur Gründung des Kontrollgremiums „Aufsichtsrat“ verpflichtet. Mittelständische Unternehmen müssen allerdings keinen Aufsichtsrat gründen, ernennen häufig aber dennoch Beiräte mit Kontrollfunktionen.

In den USA ist eine Trennung zwischen Kontroll- und Managementfunktion jedoch eher unüblich und die beiden Aufgaben werden gemeinsam im Board of Directors verankert, das sich selber kontrollieren soll. In Deutschland ist die Meinung verbreitet, mit einer Trennung von Überwachungs- und Managementfunktion sei eine bessere Kontrolle des Unternehmens möglich. Allerdings trifft dies nur dann zu, wenn der Aufsichtsrat auch richtig besetzt ist. Hierzu haben wir einen interessanten Artikel gefunden, den wir hier angefügt haben.   

Falsch besetzte Beiräte gefährden Mittelständler 

von Sarah Sommer aus dem Manager Magazin online

Erst als die Umsätze trotz des allgemeinen Aufschwungs in der Branche immer weiter schrumpften, merkte die Unternehmerfamilie: Da lief etwas schief im Betrieb. Eine schonungslose Analyse zeigte: Die Konkurrenz hatte das in dritter Generation familiengeführte mittelständische Maschinenbauunternehmen schon vor Jahren abgehängt. Blieb die Frage: Wie konnte das passieren? Schließlich hatte die Familie sogar eigens einen Beirat eingerichtet, der das Unternehmen in strategischen Fragen beraten und Entscheidungen der Geschäftsführer prüfen sollte. Manager vor solch dramatischen Fehlentwicklungen zu warnen, wäre Aufgabe dieses Gremiums gewesen.

„Der Beirat war allerdings leider völlig falsch besetzt“, sagt Claus Gerberich, Professor für Unternehmensführung, Ex-Vorstand und -Geschäftsführer bei Konzernen wie Adidas und Schöller Mövenpick. Heute ist er Berater, Mitglied oder Vorsitzender in einem halben Dutzend mittelständischer Beiräte und Aufsichtsräte. „Im Beirat des Unternehmens saßen langjährige Vertraute wie der Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Vermögensverwalter“, erklärt Gerberich. „Die waren zwar honorige Vertreter ihres Fachs, brachten aber weder das unternehmerische und technologische Know-how mit, um Veränderungen an den Märkten zu erkennen. Noch wären sie auf die Idee gekommen, die Konfrontation zu suchen und den Gesellschaftern zu sagen: Ihr müsst jetzt den Gürtel enger schnallen.“

Studien zeigen, dass rund die Hälfte der Mittelständler in Deutschland inzwischen einen Beirat eingerichtet hat. Und zwar meist völlig freiwillig – denn gesetzlich verpflichtet sind die Unternehmer dazu nicht. Eigentlich vorbildlich also, dass viele Unternehmer ohne Druck des Gesetzgebers Beratungsrunden einrichten, die sie bei ihren Entscheidungen kontrollieren sollen. Dieser Trend stünde ganz im Widerspruch zu dem Klischee, dass Familienunternehmen bis heute meist von den einsamen Entscheidungen eines Firmenpatriarchen abhängen, der sich von niemandem in seinen Führungsstil hereinreden lässt.

Wohlfühl-Kandidaten und Schulter-Klopfer

Tatsächlich sind die freiwilligen Beiräte oftmals kaum mit einem „echten“ Aufsichtsrat vergleichbar. So dürfen etwa die meisten Beiräte Unternehmer nur beraten, nicht aber bei strategischen Fragen mitentscheiden, ein Veto bei Investitionen oder der Gewinnverteilung einlegen oder gar bei der Besetzung der Geschäftsführungsposten mitreden. Statt aus unabhängigen Experten, die mit dem Unternehmer Klartext reden und ihm bei Fehlentscheidungen kontra geben, bestehen sie oft aus Wohlfühl-Kandidaten, die dem Unternehmer beim zwei- oder dreimal jährlich stattfindenden Treffen freundlich auf die Schulter klopfen.

„Die Beiratskandidaten ähneln oft fatal der Golfrunde der Unternehmer“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Patrick Ulrich. „In etwa 70 Prozent der Beiräte sind die Posten mit Vertrauten besetzt, häufig zum Beispiel mit dem langjährigen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, dem Bankbetreuer, Notar, Rechtsanwalt oder mit befreundeten Unternehmern im Ruhestand. Die freuen sich, dass sie sich mit dem Beiratsposten auf der Visitenkarte schmücken dürfen. Und der Unternehmer fühlt sich sicher, weil er auf ihre Loyalität vertraut.“ Solche „Friends and Family“-Beiräte bringen herzlich wenig und kosten nur Geld, warnt Ulrich.

Brisante Interessenkonflikte im Beirat

Viele Banken bieten an, geeignete unabhängige Beiratskandidaten aus ihrem Netzwerk zu vermitteln. „Der Unternehmer denkt sich aber oft erstmal: Wenn ich schon einen Beirat einrichte, dann sollen es wenigstens erprobte, loyale Weggefährten sein.“ Dieses Vorgehen bringt allerdings gleich ein ganzes Bündel von Risiken mit sich. So bringen etwa oft bestimmte Gesellschaftergruppen Verwandte und Freunde als Verbündete im Beirat in Stellung, um ihre Interessen gegen die Geschäftsführung oder andere Gesellschafter durchzusetzen. Oder der Senior-Unternehmer versucht, über seine langjährigen Freunde im Beirat dem Junior vorzuschreiben, wo es lang geht. „Stellt sich der Beirat gegen die Geschäftsführung oder schlägt sich auf die Seite einzelner Gesellschaftergruppen, gerät das Machtgleichgewicht im Unternehmen durcheinander“, warnt Gerberich.

Konfliktscheue Kandidaten taugen nicht

Ein weiteres Problem: Beiräte, die gleichzeitig noch andere Mandate im Unternehmen übernehmen – wie etwa die Prüfung des Jahresabschlusses – gehen Konflikten im Beirat oft eher aus dem Weg. Schließlich wollen sie es sich nicht mit einem Kunden verscherzen und es so riskieren, ihr Beratungsmandat zu verlieren – zumal dieses oft lukrativer ist als der Beiratsposten, der im Schnitt mit zehn- bis zwanzigtausend Euro jährlich vergütet wird. Einen echten Sparringspartner, der bei Fehlentscheidungen Klartext redet, finden Unternehmer in solchen konfliktscheuen Kandidaten kaum. „Vor allem aber sollten Unternehmer nicht vergessen, dass solche Beiratskandidaten auch eigene Interessen verfolgen, die mit denen des Unternehmens oder des Gesellschafters im Widerspruch stehen können“, sagt Beiratsforscher Ulrich. Der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer,Unternehmensberater oder Firmenanwalt kommt im Beirat schnell in die Verlegenheit, seine eigene Arbeit beurteilen zu müssen. Wer es mit der Einrichtung eines professionellen Beirats ernst meint, sollte sich also gut überlegen, welche fachlichen und persönlichen Qualifikationen die Kandidaten mitbringen sollten. Und die Rotweinabende mit den Golfkumpels nicht in die Beiratssitzung verlegen.