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Mühe verlangt kein Talent

rw-admin | 09/27/2019

Die meisten von uns haben es schon mal gehört: “Mühe verlangt kein Talent”. Allen, die es noch nicht gehört haben, sei es jetzt gesagt.  Für mich bewahrheitet sich der Satz jedenfalls immer wieder, im Privat- und definitiv auch im Geschäftsleben. Es gibt ja verschiedene Denkansätze, wenn es darum geht, wie man Menschen zu höherem Einsatz motiviert. Als Chef, Trainer und Firmeninhaber ziehe ich Leute, die Einsatz zeigen, jenen vor, die zwar talentiert sind, aber denen es im tagtäglichen Leben an Einsatzbereitschaft fehlt.  Und es gibt da ein paar einfache Dinge, die jeder von uns tun kann, um sicherzustellen, dass der erbrachte Einsatz auch die gewünschten Resultate zeigt.

Ich darf sagen, es kam mitunter schon vor, dass ich selbst Mitarbeiter einstellte, die einfach perfekt für die jeweilige Stelle erschienen. Sie hatten Intellekt, waren engagiert und hatten eine anziehende Persönlichkeit.  Ich wusste schon ein paar Minuten nach dem ersten persönlichen Kennenlernen, dass ich ihnen eine Stelle anbieten würde, was wohl auch nachvollziehbar ist, wenn man eine gewisse Zeit mit jemandem mit einer solchen Persönlichkeit zugebracht hat. Aber es veränderte sich etwas, nachdem ich sie eingestellt hatte. Intellekt und Persönlichkeit waren weiterhin vorhanden, und doch fehlte etwas.

Oftmals, wenn wir auf jemand äusserst Talentierten mit Persönlichkeit treffen, setzen nämlich falsche Erwartungen ein. Was, wenn  grosse Talente letztlich nur eingeschränkt Einsatz zeigen? Es braucht kein Talent, um sich zu bemühen. Das Sich-Bemühen hängt davon ab, wie ehrgeizig jemand ist und wie sehr er oder sie aus sich herausgeht. Damit will ich nicht sagen, dass diese Charaktereigenschaften auf talentierte Menschen nicht zutreffen. Aber Talente gehen typischerweise mit Fähigkeiten einher, die man sich im Laufe der Zeit angeeignet hat, während Einsatzbereitschaft in mancher Hinsicht erblich ist.

Es gibt da übrigens einen interessanten Artikel vom November 2017 (https://www.fastcompany.com/40500995/which-gets-you-further-at-work-effort-or-talent), wonach Wissenschafter herausgefunden haben, dass Pflichtbewusstsein, die entscheidende Charaktereigenschaft, wenn es um das Bemühen geht,  zu 41% genetisch bedingt ist. Im Vergleich dazu sind Intelligenz oder allgemeine Lernfähigkeit zu 48% genetisch bedingt. Somit ist Talent also nur 7% mehr erblich als Bemühen.

Tückischerweise loben Eltern oftmals mehr für die Intelligenz als für das Bemühen. Wobei ich den Eindruck habe, dass wenn ich meine eigenen Kinder für ihren Einsatz lobe, sie sich mehr anstrengen und mehr Einsatz zeigen. Wenn ich sie für ihre Noten lobe und nicht dafür, warum sie so gut abgeschnitten haben (das Lernen), ist nicht derselbe Enthusiasmus zu erkennen. Larry Bird, ein berühmter Basketballspieler, meinte einmal: “Meine Theorie ist, dass, wenn du immer 100% gibt, sich irgendwie letztlich der Erfolg einstellt.”

Die berühmte Autorin Carol Dweck (“The Growth Mindset”) zeigt in ihrer Studie mit 5. Klässlern auf, dass jene Schüler, die mehr für ihren Einsatz gelobt wurden als ihre Fähigkeiten am Ende besser abschnitten und letztlich mehr GRIT (Stehvermögen) hatten.   Erfolgspsychologisch gesehen scheint es so zu sein, dass „Menschen, die für ihre harte Arbeit gelobt werden, dazu inspiriert werden, Risiken in Kauf zu nehmen, von ihren Fehlern zu lernen und sich von Rückschlägen schneller zu erholen. Wenn man Menschen allerdings für ihre natürlichen Fähigkeiten lobt, vermittelt man ihnen das Gefühl, sie müssten ihr natürliches Talent unter Beweis stellen, und jede Niederlage erscheint dann als Versagen.“ (http://socialpsychonline.com/2016/07/psychology-success/)

Besonders faszinierend an Dwecks Entdeckung ist, dass es nicht allein um das Loben geht. Sie führt auch die „Kraft des beinahe oder fast“ („power of yet“) aus. So stellte sich im weiteren Verlauf ihrer Studie heraus,  dass als die Tests immer schwerer wurden, jene Schüler, die nicht so gut abschnitten, aber dennoch für ihren Einsatz gelobt wurden, ihre schlechte Leistung nicht extrem tragisch oder persönlich nahmen. Sie führten den Misserfolg nicht auf Dummheit zurück, sondern darauf, dass sie den Stoff noch nicht gut genug verstanden. Was wiederum zeigt, dass man mit einem „growth mindset“ wesentlich besser dran ist als mit einem „fixed mindset“. Ersteres basiert auf dem Glauben, dass man grundlegende Dinge durch Bemühen, gute Strategien und mit Hilfe anderer kultivieren kann. Umso erfreulicher, dass ein „growth mindset“ gelehrt werden kann. Dweck hat sich die Denkweisen berühmter Persönlichkeiten aus verschiedenen Bereichen angesehen (Michael Jordan etwa) und basierend auf deren Geschichte ihre jeweiligen Denkschemen untersucht. Sollten Sie Dwecks Bücher noch nicht gelesen haben, so empfehle ich diese wärmstens. Denn wir alle können unsere Denkweise ändern und ein „growth mindset“ annehmen.

Zum Schluss noch ein Zitat der berühmten Forscherin und Autorin von „Grit: Mit Begeisterung und Ausdauer ans Ziel”, Angela Duckworth: „Soviel Talent auch zählt, Einsatz zählt doppelt“. Im Alltag verlangt Mühe tatsächlich keinerlei Talent, sondern nur Energieaufwand und Hingabe.

 

Autor: Michael Clegg, The Q Works Group