Wo Frauen mehr zu sagen haben
rw-admin | 02/03/2017
Düsseldorf (RP). Frauen in Deutschland haben in den Chefetagen weniger gute Posten als in vielen anderen Ländern. Amerika, Skandinavien oder auch Frankreich zeigen, dass Frauenquoten keineswegs das wichtigste Mittel sind, um das weibliche Geschlecht stärker zu fördern.
In Deutschland wird heftig über die Frauenquote diskutiert. Denn in Führungspositionen ist das weibliche Geschlecht mehr als unterrepräsentiert. Andere Länder haben bereits eine Frauenquote eingeführt, wieder andere brauchen sie nicht.
Russland das Land hat keine Frauenquote. Sie ist auch nicht nötig. Denn Frauen in Führungspositionen sind selbstverständlich – sie besetzen jeden fünften Managerjob. Die Tendenz ist steigend. Zu den Domänen der weiblichen Managergeneration gehören die Medienbranche, PR-Agenturen und Modehäuser.
Frankreich Die französische Regierung hat vor zwei Wochen eine Frauenquote für Vorstandsetagen großer Unternehmen eingeführt. Mitte Januar beschloss das Parlament, dass die Verwaltungs- und Aufsichtsräte binnen drei Jahren mindestens zu einem Fünftel mit Frauen besetzt werden müssen.
Bis 2017 soll der Anteil dann auf 40 Prozent steigen. Die Regelung gilt für die 650 börsennotierten Unternehmen sowie alle Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten oder mehr als 50 Millionen Euro Umsatz. Die Vorsitzende des Unternehmerverbands Medef, Laurence Parisot, feierte das neue Gesetz als „gute Nachricht für die Gleichberechtigung und Wertschätzung von Frauen in Unternehmen“. Wenngleich Frauen in Frankreich dank zahlreicher Betreuungsmöglichkeiten und einem anderen Familienverständnis leichter Arbeit und Familie unter einen Hut bringen können als in Deutschland, gleichberechtigt sind sie im Job noch lange nicht. Aber immerhin zehn Prozent der Vorstände sind weiblich – in Deutschland nicht einmal vier Prozent. Um die restliche Lücke zu schließen, werden Unternehmen und Personal künftig weiter kräftig Frauen einstellen müssen. Denn bei Verstößen wird durchgegriffen: Ernennungen von Männern sollen nichtig sein, wenn sie gegen die Quotenregelung verstoßen.
USA Frauenquoten kennen die USA nicht, weder in der Politik noch in der Wirtschaft. Aber immerhin 17 Prozent der Parlamentarier sind weiblich. In der Wirtschaft sieht es viel besser aus als in Deutschland: Jedes siebte der 500 Spitzenunternehmen des Fortune-Indexes wird von einer Frau geführt – in Deutschland kein Dax-Konzern.
Grundsätzlich ist es in den USA viel normaler, dass Frauen sowohl beruflich aktiv sind und auch Kinder haben – oft unterstützt durch eine aus Mexiko oder Asien kommende Kinderfrau. Aber der Wunsch nach einer Frauenquote wächst: Aktuellen Umfragen zufolge plädieren immerhin 42 Prozent der US-Bürger für eine Frauenquote in der Politik.
Norwegen Der Staat gilt in der Diskussion über die Frauenquote als Musterbeispiel. Tatsächlich führte das kleine Land die Frauenquote bereits 2006 ein. 40 Prozent der Aufsichtsratsmandate in einem Unternehmen müssen von Frauen besetzt werden. Heute, fünf Jahre später, ist die Frauenquote in Norwegen kein Thema mehr.
Sie ist umgesetzt und nach zum Teil hitzigen Diskussionen haben alle Partner eingesehen, dass die stärkere Präsenz von Frauen in Aufsichtsräten weder zu einer Massenflucht ausländischer Konzerne von der Börse in Oslo noch zu anderen Nachteilen für die Unternehmen geführt hat. Dennoch gibt es ein Problem bei der Umsetzung der Direktive. Nur rund 70 Frauen besetzen die etwa 300 Aufsichtsratsplätze. Von „goldenen Röcken“ ist in Norwegen die Rede, von wenigen Frauen, die sich die Machtpositionen teilen.
Finnland Das Nokia-Land hat einen anderen Weg eingeschlagen und setzt weiterhin auf Freiwilligkeit. Nur in staatlichen Unternehmen ist die 40 Prozent-Quote vorgeschrieben. Aber auch in Privatunternehmen sitzen knapp 40 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten. Allerdings kämpfen die finnischen Frauen mit dem gleichen Problem wie ihre Kolleginnen in Norwegen: Kaum eine von ihnen hat es ganz an die Spitze der Unternehmen geschafft.
Schweden Hier gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Frauenquote. Dennoch haben es einige Frauen bis zur Leitung von namhaften Konzernen geschafft. Annika Falkengren, die Chefin der drittgrößten Bank SEB, ist eines der Beispiele. Allerdings reicht das der Regierung nicht. Deshalb fordert sie, dass der jetzige Anteil von Frauen in Aufsichtsräten von 18 Prozent bis 2014 verdoppelt werden muss. Wird das nicht erreicht, droht ein Gesetz.
England Dass in London die männlichen Hochverdiener die Spielregeln schreiben, macht diese letztjährige Statistik klar: Von 100 führenden Aktiengesellschaften beschäftigten nur 12,6 Prozent Frauen in höheren Führungspositionen (2009: 12,2 Prozent). Nimmt man alle 600 gehandelten Unternehmen an der Londoner Börse zusammen, fällt dieser Anteil auf fünf Prozent. Es gab nie eine Frauenquote in den Vorstandsetagen.
Erst gerade wurde ihre Einführung erneut von einem Vertreter der konservativ-liberalen Regierung ausgeschlossen. Die Begründung: Eine Quote würde Frauen zu Opfern der Benachteiligung durch die Männer stempeln, und das wollten sie selber nicht. Bloß keine neuen Regeln, die „Individuen“ sollten lieber selbst ihre Rechte durchsetzen, sagt die „Ministerin für Frauen und Gleichheit“ Theresa May.
RP Online